Page 65 - 35 Jahre Quedlinburger Musiksommer
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Carl Künne war bei Amtsantritt 26 Jahre, hatte an
           der »Hochschule für Musik – Mendelssohn-Akademie«
           Leipzig bei Karl Straube und Günther Ramin studiert
           und eine ausgezeichnete A-Kirchenmusikerprüfung be-
           standen. Sein Schwung gleich im ersten Vierteljahr nach
           Dienstantritt lässt vermuten, dass er viele Ideen hatte,
           wie das Kirchenmusikleben aktiviert werden könnte
           trotz des von außen in die Kirche wirkenden Umfelds.
            Musik zu den Gottesdiensten wie auch zu den
           Hauptfesten im Kirchenjahr, Advent, Weihnachten,
           Karwoche, Ostern und Pfingsten, war selbstver-
           ständlich. Ernst Kiehl konnte einige Konzerte mit der
           Kantorei St. Nikolai nachweisen: 1951 das Melodram
           »Totentanz«, von Carl Künne komponiert, 1954 ein
           Frühlingskonzert, 1957 Motetten und das Magnifikat
           »Meine Seele erhebt den Herrn« von Heinrich Schütz,
           außerdem Aufführungen eigener Kompositionen, die
           den vorhandenen Kräften angepasst waren, vor allem
           Psalmenvertonungen.   (13)  Allein die Anzahl der Sänger
           wie auch die finanziellen Ressourcen für die Bezahlung
           von Solisten und Orchestermitgliedern reichten nur sel-
           ten für die großen chorsinfonischen Werke und Orato-
           rien, die aufzuführen er sich vorstellte. Aber Ende 1965
           war Carl Künne der Verwirklichung dieses Ziels doch
           ein großes Stück näher gekommen. Nach einer ersten
           Besprechung mit den Kirchenmusikern der Stadt am
           14. Dezember 1965 folgte am 5. Januar 1966 die erste
           gemeinsame Probe der Chöre von St. Servatii (Dom-
           chor), St. Benedikti, St. Johannis, St. Mathildis und
           natürlich der Kantorei von St. Nikolai. Die Aufführung
           des Oratoriums »Der Messias« von Georg Friedrich
           Händel in der Stiftskirche wurde also geplant, vorbe -
           reitet und schließlich am 9. Oktober 1966 realisiert.
           Spätere Notizen auf einem kleinen Handzettel unter der
           Überschrift »Quedlinburger Oratorienchor« dokumen-
           tieren die entscheidenden Schritte auf dem Weg zu
           einem großen gemeinsamen Chor.
            Die Freude und Begeisterung, das Bedürfnis, ent -
           sprechend qualifiziert angeleitet zu werden, waren bei
           den Sängern so groß, dass sie auch weiterhin gemeinsam
           musizieren wollten. Erfolgte die Aufführung des »Mes-
           sias« im Oktober 1966 noch mit den »Quedlinburger
           Kirchenchören« so war es bereits der »Quedlinburger
           Oratorienchor«, der am 8. Januar 1967 die Kantaten
           1 bis 3 des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian
           Bach in der Marktkirche zu Gehör brachte. Der
           Quedlinburger Oratorienchor war nicht nur geboren,
           sondern wurde fortan zu einer Institution im Quedlin-
           burger Musikleben.



                                                   Kleine Chronologie des Oratorienchors von 1965 bis  Nach diesen Noten sang der Oratorienchor zum ersten
                                                   1968 aus der Hand Carl Künnes  Mal den »Messias«

                                                    Der Quedlinburger Oratorienchor                        63
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